Smalltalk 
   
Man
  begegnet einander. 
Man
  sagt "Hallo, wie geht's Dir?"
Man
  bekommt die Antwort "Hallo, mir geht es gut, Danke."
Man
  redet über's Wetter.
Man
  redet über die Politik, die Schlagzeile in der Zeitung, die Nachrichten am
  Vorabend im Fernsehen.
Man
  redet über alles, was keinen Blick in das eigene Innere zuläßt.
Man
  redet über alles, was den anderen nicht an einen selber ranlassen kann.
Man
  sagt sich, ich bleibe beim Smalltalk, dann halte ich alles fern von mir.
Man
  hat sich mal über anderes unterhalten, aber lange ist es her, obwohl es erst
  vor kurzem war.
Man
  will auf einmal, ohne ersichtlichen Grund für den anderen, wieder nur noch
  Smalltalk halten.
Man
  hat den anderen zu nah an sich rangelassen, wollte es so, aber auf einmal
  macht man einen Rückzieher.
Man
  ist verletzbar, wenn man von der Ebene des Smalltalks weggeht.
Also
  rettet man sich dahin zurück.
Auch
  wenn man mit diesem Rückzieher den anderen verletzt.
Hauptsache,
  man selber ist wieder unnahbar.
Es
  lebe der Smalltalk, er rettet uns vor der Nähe anderer.
Er
  hält den Gegenüber auf Abstand, weist ihn in den Abstand zurück, zeigt, bis
  hierher, und nicht weiter, nicht mehr weiter, auch wenn es mal kurzzeitig
  anders war.
Smalltalk,
  man kann sich gut hinter ihm verstecken, man redet miteinander, auch wenn man
  im Grunde gar nicht miteinander redet.
Smalltalk,
  die erste Ebene einer flüchtigen Bekanntschaft.
Smalltalk,
  schön wäre es, wenn es erstmals oder wieder drüber hinausgeht.
Smalltalk,
  ich hätte gerne mehr von Dir.
 
© 
  Gila Holler (Donnerstag, 14. Juni 2001 12:17:38)
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